Musik als Sprache

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Gemeinsam musizieren, den Klang verschiedener Instrumente kennenlernen, den ganzen Körper einsetzen - darum geht es beim Musikprojekt in den Tagesförderungen Dorfanger Boberg und Manshardtstraße. Wie läuft so eine gemeinsame Session ab?

Maria Lachmann kommt mit ihrer Gitarre auf dem Rücken. Sie wird mit strahlenden Augen begrüßt. „Maria ist da!“ Frau Lachmann bietet ein pädagogisches Musikangebot für alle Klient*innen der Tagesförderungen Dorfanger Boberg und der Manshardtstraße an. Das spendenfinanzierte Programm findet im wöchentlichen Wechsel an beiden Standorten statt.

Alle Klient*innen können daran teilnehmen. In einer Gruppe, in der viele Menschen nicht sprechen können, bietet das gemeinsame Musizieren die Möglichkeit, sich auszudrücken und  mit den anderen Teilnehmenden verbunden zu fühlen. Das ist wichtig, weil alle Klient*innen gegenseitig sehr viel Verständnis für ihre jeweils sehr speziellen Verhaltensformen aufbringen müssen.

 

Admir Huremovic: „Dann können wir alle zusammen singen. Da lernt man was draus, damit unsere Stimme funktioniert. Es ist gut, dass Maria kommt, weil wir dann miteinander Spaß haben.“

Die Klient*innen Admir Huremovic und Maike von Holten können sprechen. Sie erleben im Alltag, dass andere Menschen um sie herum dies nicht können. Gleichsam sehen sie sich als ihre Kolleg*innen und wünschen sich Kontakt und Nähe zu ihnen. Über die Musik ist es ihnen möglich, einen unmittelbaren Austausch zu erleben.

Maike von Holten: „Es ist für alle Menschen interessant. Weil alle Menschen wichtig sind. Es ist gut, dass Maria kommt, weil die Lieder gut sind. Maria kennt genau die Lieder, die gut sind.“

Das Projekt bietet  Lernmöglichkeiten für alle Klient*innen, sei es die Erweiterung der Kompetenzen im Bereich von Rhythmus und Melodie oder im Einstudieren von neuen Liedern, Texten und Refrains. Es wird gelacht es, Bewegungen einstudiert sowie leise und laute Töne erzeugt. Es entsteht eine konzentrierte Spannung und eine Entladung von Emotionen - etwas, das mit Sprache gesagt werden kann. Gleichsam ist zu beobachten, wie einzelne Klient*innen besonders aufmerksam dem Rhythmus folgen und dann, wenn sie ein Lied wiedererkennen, jauchzen, weil sie wissen wie es weiter geht.

Manchmal fühlen sich die Klient*innen im Alltag überfordert. Sie wissen nicht, wie es weiter geht, die Welt um sie herum erscheint ihnen kompliziert und furchteinflößend. Beim Musik machen ist es anders - da gibt es Momente, in denen sie genau wissen, was als nächstes kommt, das tut gut und stärkt sie für andere Situationen.

Neben der musikalischen Bildung, der Förderung von Konzentration und des Rhythmusgefühls beinhaltet das Musikangebot auch viele Rituale, die den Klient*innen Sicherheit geben. Es entsteht ein Raum, in dem sie sich fallen lassen und den Moment genießen können. In Körperhaltungen, Gesichtsausdrücken und Bewegungen wird bei einigen Klient*innen sichtbar, wie sich beim Musizieren ihre Anspannung löst und sich Zufriedenheit einstellt.

Maria Lachmann beschreibt, dass sie ressourcenstärkend mit den Klient*innen arbeitet, ihr Angebot also darauf auslegt, dass die Klient*innen Selbstwirksamkeitserfahrungen machen. Es geht darum, den Körper zum Schwingen zu bringen und das Augenmerk auf das zu richten, was die Klient*innen gut können. Töne erzeugen, Rhythmen erklingen lassen, das können alle. Darüber hinaus hebt Frau Lachmann hervor, dass sich jede*r Klient*in als wertvoller und willkommener Teil der Gruppe fühlen soll. Es ist schön zu entdecken, wie diese Intention, die Stärkung des Gemeinschaftssinns, auch bei den befragten Klient*innen zum Ausdruck kommt.

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