Ab dem 1. Januar 2023 ist ein neues Betreuungsrecht in Kraft getreten. Ziel der neuen Regelungen ist es, ein selbstbestimmtes Leben bei Krankheit und Behinderung und den Schutz der erwachsenen Person zu unterstützen.
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt:
„Im Mittelpunkt des neuen Betreuungsrechts stehen die Wünsche der Betroffenen. Und genau da gehören sie hin: Denn alle Menschen haben einen Anspruch auf Selbstbestimmung und Würde – auch diejenigen, die ihre Angelegenheiten nur begrenzt selbst regeln können. Das neue Recht legt außerdem fest, welche persönlichen und fachlichen Voraussetzungen berufliche Betreuerinnen und Betreuer mitbringen müssen. Und es stärkt eine tragende Säule des Betreuungssystems: die Betreuungsvereine. All das sind gute Nachrichten für Betreute – also potentiell für uns alle.“
Wir haben die wichtigsten Änderungen zusammengefasst:
- Erforderlichkeitsgrundsatz: Im neuen Betreuungsrecht ist klar geregelt, dass ein Betreuer nur bestellt wird, wenn dies erforderlich ist (§ 1814 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Dies ist nicht der Fall, wenn andere Hilfen verfügbar und ausreichend sind. Dazu zählen auch tatsächliche Unterstützungsleistungen durch Familienangehörige, Bekannte oder soziale Dienste. Hat eine Person einer anderen Person aus ihrem Angehörigenkreis eine Vorsorgevollmacht erteilt, so bedarf es in bestimmten Punkten keine zusätzliche rechtsgeschäftliche Vertretung.
- Erweiterte Unterstützung: Die Betreuungsbehörden erhalten mit dem neuen Instrument der erweiterten Unterstützung den gesetzlichen Auftrag, betroffene Menschen in geeigneten Fällen so zu unterstützen, dass hierdurch eine rechtliche Betreuung entbehrlich wird (§ 8 Absatz 2 und § 11 Absatz 3 des neuen Betreuungsorganisationsgesetzes (BtOG)).
- Pflicht zur Wunschbefolgung: Im neuen Betreuungsrecht ist klar geregelt, dass der Betreuer die Angelegenheiten der betreuten Person so zu regeln hat, dass diese ihr Leben nach ihren eigenen Wünschen gestalten kann. Den festgestellten Wünschen der betreuten Person hat der Betreuer in den gesetzlich festgelegten Grenzen zu entsprechen und sie bei deren Umsetzung rechtlich zu unterstützen (§ 1821 BGB).
- Auswahl des Betreuers: Bei der Auswahl des zu bestellenden Betreuers hat das Betreuungsgericht grundsätzlich die Wünsche der zu betreuenden Person zu berücksichtigen (§ 1816 Absatz 2 BGB).
- Schutz des Wohnraums: Ein von der betreuten Person selbst genutzter Wohnraum darf durch den Betreuer grundsätzlich nur dann aufgegeben werden, wenn dies dem Willen der betreuten Person entspricht (§ 1833 BGB). In bestimmten Fällen ist eine gerichtliche Genehmigung erforderlich.
- Gerichtliche Aufsicht: Bei Anhaltspunkten dafür, dass der Betreuer den Wünschen der betreuten Person nicht oder nicht in geeigneter Weise nachkommt, besteht grundsätzlich die Pflicht der zuständigen Rechtspflegerin oder des zuständigen Rechtspflegers, die betreute Person persönlich anzuhören (§§ 1862 in Verbindung mit 1821 BGB).
- Berichtspflicht des Betreuers: Damit das Betreuungsgericht seine Kontrollaufgaben besser wahrnehmen kann, wurden die Anforderungen an die vom Betreuer bei Gericht einzureichenden Berichte klarer formuliert (§ 1863 BGB).
- Qualitätssicherung: Als beruflicher Betreuer kann sich nur registrieren lassen, wer über die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit sowie ausreichende Sachkunde für die Tätigkeit als beruflicher Betreuer verfügt. Diese umfasst Kenntnisse des Betreuungs- und Unterbringungsrechts, des dazugehörigen Verfahrensrechts sowie auf den Gebieten der Personen- und Vermögenssorge, Kenntnisse des sozialrechtlichen Unterstützungssystems und Kenntnisse der Kommunikation mit Personen mit Erkrankungen und Behinderungen und von Methoden zur Unterstützung bei der Entscheidungsfindung (§ 23 Absatz 3 BtOG).
Betreuer*innen und betreute Personen müssen sich persönlich kennenlernen, bevor die Betreuung beginnt.
- Ehrenamtliche Betreuer*innen sollen stärker unterstützt werden, beispielsweise durch Betreuungsvereine.
Das neue Betreuungsrecht ab 2023 stärkt die Selbstbestimmungsrechte der Betreuten, was Auswirkungen auf die Aufgaben der rechtlichen Betreuungen und damit auch auf die Assistenzleistungen in der Eingliederungshilfe hat.