Zurück
Katharina van Leeuwen arbeitet seit 5 Jahren in der Tagesförderung Haus am See. Vor einigen Wochen ist sie zur neuen Leitung ernannt worden. Was sich seitdem für sie verändert hat und wie sie zu ihrem Berufsfeld in der Eingliederungshilfe steht, erzählt sie im Interview.
Eine Frage gleich vorab: An offizieller Stelle tauchen Sie mit dem Vornamen Katrin auf. Persönlich nennt Sie aber jeder Katharina. Welcher Name stimmt nun?
(lacht) Ja, diese zwei verschiedenen Vornamen haben in letzter Zeit für viel Verwirrung bei den Kolleg*innen gesorgt. Laut meinem Pass heiße ich Katrin. So bin ich aber noch nie genannt worden. Mein Rufname war schon immer Katharina. Mit diesem identifiziere ich mich und möchte auch gerne so genannt werden.
Sie sind seit März Assistenzteamleiterin in der Tagesförderung Haus am See. Arbeiten tun Sie dort aber schon länger. Was hat sich seit dem Positionswechsel verändert?
Aktuell würde ich sagen, so ziemlich alles. Man sitzt hier auf einer Art Scholle. Ich bin vornehmlich mit Verwaltungsaufgaben, Corona-Testungen, Abrechnungen und so weiter beschäftigt und habe leider nur noch wenig Zeit für den persönlichen Kontakt zu unseren Klientinnen. Das finde ich selbst sehr bedauerlich und möchte dies gerne in Zukunft wieder etwas mehr ausbalancieren.
Wie geht es Ihnen mit den neuen Aufgaben?
Es ist eine Umstellung, aber ich bekomme auch sehr viel Zuspruch und Unterstützung von meinen Kolleg*innen. Ich schätze den Austausch mit Ihnen sehr. Allerdings fehlt mir auch die kreative Arbeit, die ich vorher gemacht habe. Das kommt hoffentlich bald alles zurück, wenn ich mich etwas intensiver eingearbeitet habe.
Wie sind Sie zum Haus am See gekommen?
Ursprünglich bin ich für ein Projekt im Rungehaus in die Stiftung gekommen. Hier habe ich selbst viel mit aufgebaut, ich war quasi vom ersten Spatenstich an mit dabei. Aber der Schichtdienst war auf Dauer nichts für mich. Deshalb bin ich vor 5 Jahren in die Tagesförderung im Haus am See gewechselt und habe dort meine Leidenschaft für das kreative Handwerk wiederentdeckt.
Welche Verbindung haben Sie zur Kreativität?
Ich habe eigentlich schon immer gerne kreative Dinge erschaffen und hätte auch gerne eine berufliche Karriere daraus gemacht. Zur damaligen Zeit waren persönliche Neigungen bei der Berufswahl aber zweitrangig und meine Eltern haben mir eine Ausbildung als Erzieherin nahegelegt. In der Kita habe ich natürlich dennoch viel gemalt und gebastelt. Nach einigen Jahren in diesem Berufsfeld war ich es jedoch leid, immer wieder von vorne beginnen zu müssen. Eingewöhnung, Laterne basteln, Ostereier bemalen, Abschiedsfeier – alles wiederholt sich und die Zeitspanne, in der man Kita-Kinder begleitet ist naturgemäß sehr kurz.
Warum arbeiten Sie heute in der Eingliederungshilfe?
Weil ich es als sehr erfüllend empfinde, Menschen bei ihrer persönlichen Entwicklung zu unterstützen. Tatsächlich empfinde ich den Unterschied zu der Arbeit mit Kindern – und hier werden einige auf die Barrikaden gehen – gar nicht so gewaltig. Alle wollen gerne auf den Arm. Man braucht nur hier und da etwas mehr Geduld mit den Klientinnen und muss die eigenen Ziele auch manchmal nach unten korrigieren. Das Schöne ist jedoch, dass ich unsere Beschäftigten über teils sehr lange Zeit begleiten darf.
Was ist das Besondere an der Tagesförderung Haus am See?
Wir sind wie eine kleine Familie. Den künstlerischen Schwerpunkt empfinde ich ebenfalls als besonders. Außerdem sind hier nur Frauen beschäftigt. Das hängt damit zusammen, dass viele unserer Klientinnen Gewalterfahrungen gemacht haben und sich in einem weiblichen Umfeld wohler fühlen. Viele von ihnen haben eine psychische Beeinträchtigung und brauchen besonders viel Aufmerksamkeit und Einfühlungsvermögen.
Wie reagieren die Klientinnen auf Ihre neue Rolle als Leitung?
Sie nehmen das insgesamt sehr gelassen auf. Sie sagen: „Du bist jetzt die Chefin!“ Ich selber muss mich da wohl mehr dran gewöhnen (lacht). Meine Vorgängerin hat hier viel geleistet, doch am Ende muss man seinen eigenen Weg finden, Dinge anzugehen.
Sie haben sich dazu entschieden, berufsbegleitend noch einmal zu studieren. Wie kam es dazu?
Ich habe mich 2018 für den Studiengang Soziale Arbeit an der Leuphana Universität entschieden, weil ich dem Erzieherdasein ein wenig entfliehen wollte. Ich liebe die Arbeit, aber ich wollte mich auch weiterentwickeln und dabei am liebsten in der Stiftung bleiben. Der Studiengang ist super breit gefächert und bietet Einblicke in viele interessante Arbeitsfelder. Ich habe durch das Studium auf viele Themen einen ganz neuen Blick erhalten.
Was würden Sie jemandem raten, der heute im sozialen Bereich tätig werden möchte?
Ich würde erst einmal mit einer praktischen Ausbildung beginnen und ein paar Jahre Arbeitserfahrung sammeln. So findet man am besten heraus, welche Arbeit einem Spaß macht. Das Studium Soziale Arbeit ist eine tolle Möglichkeit, die eigenen Erfahrungen mit Wissen zu untermauern. Ich finde, man kann auch heute noch gut im sozialen Arbeitsumfeld alt werden und sich dabei stetig weiterentwickeln, wenn man mit Leidenschaft dabei ist.
Welche Dinge wollen Sie konkret verändern?
Ich fände es schön, unser Netzwerk im Haus am See noch weiter auszubauen: mehr Austausch mit anderen Menschen, mehr gelebte Inklusion – zum Beispiel im Café. Man muss hier glaube ich mit gutem Beispiel vorangehen. In den Niederlanden zum Beispiel wird Inklusion ganz anders gelebt als in Deutschland. Hier zielt die Eingliederungshilfe viel mehr auf die Frage ab, wie Menschen mit Behinderung einen Mehrwert für die Gesellschaft kreieren können. Im Haus am See tun sie dies zum Beispiel, indem ihre selbstgebastelten Produkte ausgestellt oder verkauft werden. Das ist dann mehr als nur eine Beschäftigung für die Menschen, weil sie selbst etwas erschaffen, auf das sie stolz sind.
Was ist das schönste Erlebnis aus Ihrer Berufspraxis?
Puh, da gibt es so viele. Am Ende sind es immer die Bindungen zu einzelnen Menschen, die zählen und die im Gedächtnis bleiben. Ein junger, schwerstbehinderter Klient aus dem Rungehaus hat mir zu meinem Abschied gesagt, er werde mich niemals vergessen. Das hat mich sehr gerührt. Mein größtes Erfolgserlebnis ist es immer, wenn ich es schaffe, andere Menschen in irgendeiner Form zu berühren.
Vielen Dank für das tolle Gespräch!
04.11.2024
Am 24. Oktober fand der Fachtag der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Begleitete Elternschaft auf dem Alsterdorfer Gelände statt. Einmal im Jahr kommen hier Träger aus ganz Deutschland zusammen, um sich über Themen rund um
21.10.2024
Im zweiten Übungsraum am 30.09.2024 waren wir zu Gast im Körberhaus. Das Thema Unterstütze Kommunikation mit den Referentinnen Berrit Schwarz und Miriam Schultz ist auf großen Anklang bei allen Teilnehmerinnen gestoßen.
Nächster Text
Sprachausgabe abbrechen