Was macht eigentlich eine Leistungsberaterin?

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Für einige sind sie bereits unersetzlich, andere wissen gar nicht so genau, was sie eigentlich tun, die Leistungsberaterinnen der alsterdorf assistenz ost. Im Interview mit Michaela Böttcher und Maike Bach sprechen die Mitarbeiterinnen über das Ziel ihrer Arbeit und ihr persönliches Rollenverständnis. 

 
Schön, dass Sie sich Zeit für das Gespräch genommen haben. Um die Frage gleich zu Anfang zu klären: Was genau macht eine Leistungsberaterin?

Bach: Ein Großteil unserer Arbeit entfällt auf die Erstellung von Sozialberichten, die pro Klient*in in der Regel alle zwei Jahre fällig werden. Laut Funktionsbeschreibung ist dies zwar die Aufgabe der Assistent*innen – praktisch haben wir jedoch viel mehr Erfahrung damit, die Assistenzleistungen so zu übersetzen, dass sie für das Fachamt Eingliederungshilfe fachlich einzuordnen sind.

Böttcher: Wir kommen also spätestens dann ins Spiel, sobald eine Kostenbewilligung ausläuft. Dann führen wir Assistenzplanungsgespräche zusammen mit den Klient*innen und Assistent*innen, in denen es darum geht, was in den vergangenen zwei Jahren passiert ist und was man im kommenden Bewilligungszeitraum erreichen möchte.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Sozialbericht bewilligt wird?

Böttcher: Ich würde sagen, dass unsere Berichte zu ca. achtzig Prozent ohne Anmerkungen von der Behörde akzeptiert werden. Das betrifft sogar die Fälle, in denen es um eine Höhergruppierung der Leistung geht. Hier erinnere ich mich aktuell nur an zwei Anträge, die abgelehnt wurden. Es hängt aber auch immer von der jeweiligen Fallmanager*in ab.

Bach: In manchen Fällen wird genauer nachgeforscht und eine Gesamtplankonferenz anberaumt, in der gemeinsam mit der Sozialbehörde geprüft wird, welche Bedarfe der Klient benötigt und welche Leistungen erbracht werden. Da geht es dann zum Beispiel auch darum, welche Unterstützung von der Eingliederungshilfe und welche von der Pflegekasse bezahlt wird.

Böttcher: Grundsätzlich versuchen wir die meisten Leistungen über die Eingliederungshilfe zu finanzieren, weil es hier schlicht mehr Ressourcen gibt.

 

Unter uns: Wird bei den Bedarfsgruppen auch manchmal etwas geschummelt?

Böttcher: Ich bin überhaupt kein Fan davon, Leistungspunkte zu „sammeln“. Wir versuchen, den Bedarf unserer Klient*innen immer realistisch abzubilden. Zwischen den einzelnen Leistungsstufen / Hilfebedarfsgruppen liegen oft große Spannweiten. Das stößt bei den Assistent*innen manchmal auf Unverständnis, wenn mehr Leistungen erbracht werden, dafür aber keine zusätzlichen Gelder genehmigt werden, weil man sich nach wie vor innerhalb einer bestimmten Punktekategorie befindet.

Bach: Viel mehr geht es bei unserer Arbeit darum, die Assistent*innen dahingehend zu sensibilisieren, dass sie ihre Arbeit nicht unter den Scheffel stellen und die verschiedenen Hilfebedarfsgruppen selbst auf dem Schirm haben. Da geht es zum Beispiel auch um die Unterscheidung zwischen einer Erinnerung, einer Begleitung oder einer Intensivleistung. Oft denken unsere Kolleg*innen (noch) nicht in diesen Kategorien und fordern deshalb zu wenig ein. Hier versuchen wir so gut es geht zu beraten.

Welche Aufgaben fallen für Sie außerdem an?

Böttcher: Wir geben auch Schulungen zum Thema Persönliche Assistenz in den verschiedenen Teams. Wir organisieren Klausur- und Teamtage und wir implementieren das Schutzkonzept. Außerdem führen wir seit einiger Zeit Zufriedenheitsbefragungen bei den Klient*innen durch, die im Rahmen der Assistenzplanungsgespräche stattfinden. Die Ergebnisse leiten wir dann an die Qualitätsentwicklung weiter.

Bach: Wir sind aktuell fünf Beraterinnen. Jede von uns betreut mindestens fünf Wohnhäuser. Je nach Arbeitszeitkontingent haben wir unterschiedlich viele Klient*innen, die wir betreuen. In meinem Fall sind es ca. 160.

Wie sind sie zu Ihrer jetzigen Position gekommen? Welchen fachlichen Hintergrund haben Sie?

Böttcher: Ich bin ausgebildete Erzieherin. Ich habe im Assistenzdienst gearbeitet und zwei verschiedene Wohnhäuser geleitet. Danach bin ich Beraterin geworden und würde nicht mehr tauschen wollen. Es ist der Job, auf den ich hingearbeitet habe, ohne es zu wissen (lacht).

Bach: Ich bin ursprünglich Heilerziehungspflegerin und habe nach einiger Zeit im Assistenzdienst mein Studium in Sozialmanagement gemacht. Gleich danach habe ich eine Leitungsposition im Wohnhaus angeboten bekommen. In meiner jetzigen Position als Beraterin fühle ich mich jedoch viel wohler.

Was gefällt Ihnen besonders an Ihrem Job und was würden Sie gern verändern?

Böttcher: Ich liebe die Flexibilität, die der Job mit sich bringt. Ich kann sowohl in Ruhe für mich arbeiten als auch in Kontakt mit den verschiedenen Teams sein. Die Mischung finde ich perfekt! Außerdem ist es schön, dass ich sehr viel Wertschätzung und Dankbarkeit von den Kolleg*innen und Klient*innen erfahre. Das war nicht immer der Fall.

Bach: Ich glaube, vor einigen Jahren hat man uns noch mehr als Kontrollinstanz wahrgenommen, obwohl wir immer nur unterstützt haben. Das hat sich mittlerweile aber gedreht. Ich arbeite jetzt schon seit einigen Jahren in dieser Position und bin mit der Entwicklung der Teams sehr zufrieden, auch wenn es hier und da natürlich Punkte gibt, über die man sich ärgert. Manchmal ist es schwierig für uns, vor der Behörde zu argumentieren, warum diese oder jene Ziele nicht eingehalten wurden. Wir haben selbst lange genug an der Basis gearbeitet, um zu wissen, was Fachkräftemangel und Fluktuation für die Assistenz bedeutet. Dennoch ist es manchmal frustrierend, wenn man erfährt, dass Klient X sein „neues“ Handy nach zwei Jahren immer noch nicht ausgepackt hat.

Böttcher: Alles steht und fällt mit der richtigen Kommunikation, sowohl intern mit den Assistenzteams als auch nach außen mit der Behörde. Die meisten Mitarbeitenden dort sind sehr kooperativ und verständnisvoll, wenn man sie richtig ins Boot holt. Wenn alle zusammenarbeiten, dann macht der Job richtig Spaß! Uns es gibt immer wieder Momente, da bin ich so stolz auf das, was die Klient*innen zusammen mit ihren Assistent*innen erreichen und freue mich, meinen Teil dazu beitragen zu können!

Danke für das spannende Gespräch!


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